Herbst 1944

Jastrzombka, 23. September 1944

Nachtmarsch nach Ebenrode und dort Nachtverladung. Jetzt sind wir müde und schlafen den Schlaf des Gerechten.

Ich bin Transportführer ohne Passion. Kümmere mich um wenig. Es gibt so Posten, die mir widerlich sind. Transportführer, Verladeoffizier, Heidengrei-Kommando, Nachführender.

Unserem C-Wagen fehlen vier Scheiben, eine nur ist vernagelt, eine andere hängt nur mit Draht befestigt im Rahmen. Es zieht also während der Fahrt über Insterburg, Orteilsburg, Wittenberg. Ausladen hier bei Nacht 20 km hinter der Front vor Lomza und Ostrolenka.

Heute vor einem Jahr übernahm ich meine 7. Wie ich hörte, liegt die 120. J.D. im Korpsabschnitt. Vielleicht… sehe ich doch die alten, lieben Kameraden von der Artillerie. Unvorstellbar, der Gedanke.

24. September 1944

Die ganze Brigade soll herkommen, sagt mir der Kommandeur, als er mich um 9 Uhr aus dem Stroh holt und mich mahnt, ich solle noch schnell einige Augendeckel-Klimmzüge machen.

Ein Schlaf war das! Sonntag ist. In einer Polenbude. “Musik und Saitenspiel vertreiben Sorg’ und Unmut viel!” Müde und schlapp. Nachmittagsschlaf. Essen schmeckt nicht, und zu rauchen habe ich nichts. Dölles Dasein! Am Abend geht es wieder. Kleiner Skat mit Wm. Müller und Herzberg, meinem Betreuer.

25. September 1944

Langer, guter, keineswegs störungsfreier Schlaf. In der Nacht kommen 100 Polen und Polinnen, beziehen Quartier in der Scheune meines Gehöfts. Buntes Leben. Gute und üble Typen beider Geschlechter. Ein Elegantinowitsch dabei. Veräppelt die Wachmannschaften, vor allem einen Scharführer vom NSFK. Er sieht gut aus, groß, schlank, blond, markantes Gesicht, elegant, abgetragen gekleidet, Wildlederhandschuhe, die mir besonders auffallen, weil Herzberg die meinen versaut hat.

Regen. Irgendein verrückter Zollfritze schießt ohne Warnung, weil er drei Polen laufen sieht. Verwundet zwei unschuldige Polen schwer, dieses Rindvieh.

Großes Aufgebot schwerer Waffen. Im Divisionsabschnitt stehen 18 Artillerieabteilungen. Dazu kommt unsere Brigade mit etwa 500 Rohren. Im Augenblick keine Arbeit für uns. Das kommt gewöhnlich plötzlich.

Sadykierz, 26. September 1944

Wie gesagt, wir saßen beim Skat, es dämmerte schon, als gestern der Befehl kam. Zwei Tage gelungert, nun brannte es. Marsch Rollbahn Bradzewo, Krasnosiele, Sypniewo, dann Sandstraße, tief, tief: Chelchy und Wald ostwärts davon. Vor Chelchy steht die ganze T. Abteilung, und ich kann zwei Stunden nicht vor. Anschiss vom Kommandeur, fünf Stunden Fahrzeug-Sitzschlaf, warme Suppe und los. Sandwege noch tiefer. Abgerissene polnische Dörfer, Wald und Sand.

Hübsche Stellung hinter Waldwinkel, vor dem Panzergraben. Be­ such bei Btl. Kdr. Hptm. Kautz, netter Mann, guter Bunker. Mit seiner Reservekompanie will er morgen früh mit unserer Unterstützung bewaffnete Aufklärung treiben, um Gefangene zu machen. Man weiß nicht, was der Russe hier will.

Heute früh sah ich ein Panje-Fahrzeug mit der Aufschrift IV./R.R.120. Ist ja toll. Am Nachmittag Besuch, erst bei 7., nur noch drei Mann bekannt, Krüger, Popp, Heimholl. Die meisten sind tot. Dann bei 8. Vetter, mein alter Schüler, und Rost, der mich ums Verrecken nicht wiedererkennen will, während die anderen sofort strahlen. Ich war stark angerührt, fühlte mich sehr zu Hause, aber fremd durch den Tod so vieler, lieber Gestalten. - Brauer, die Haupt­ figur, war natürlich nicht da, beim Zahnarzt.

Massierung hier toll: 5 Abteilungen, die lebhaft schießen, und eine Werferbrigade.

27. September 1944

Im Morgengrauen vier Salven über den Narew. Stoßtrupp hat Er­ folg, bringt 14 Gefangene, erzeugt 40-50 Tote, sprengt 20 Brücken und hat selbst ein paar Verwundete.

Iwan antwortet kaum. So vergeht der Tag in Ruhe.

Nowe Miasto, 28. September 1944

Wiederholte Feuerschläge auf des Feindes vermutete Sammlungs­ räume. Heftiges eigenes Artilleriefeuer. Rätselhaft. Er ist still. Entweder hat er uns schon getäuscht oder er täuscht noch.

Mittags Befehl zur Erkundung. Brigade soll noch weiter nach Süden. Fahrt im Schwimmwagen hinter Hptm. Fischmann und Kage über Praschnitz, Zichenau, rd. 100 km auf herrlichen Straßen. Beide Orte verdeutschter Osten. Burchaus traurig. Betrieb, Mädchen.

Beim Korps, über Nacht auf Stroh in ungeheiztem Zimmer. Habe nur meinen Kradmantel mit. Das wird kühl werden.

Sadykierz, 29. September 1944

Hier am Narew, 25 km nördlich Warschau, hat der Feind einen star­ ken Brückenkopf, 15 km breit, 10 km tief, sehr stark. - Eine Briga­ de ist noch da, eine weitere soll dazu. Das sind wir. Schwierige Erkundung, da gute Stellungen von Brigade 6 belegt. Aber schließlich, mehr schlecht als recht.

Am Nachmittag Neuerkundung für den Südteil des Brückenkopfes. Da geht’s besser. In rasender Fahrt, nur H.K. und ich machen wir das. Auf einer Straße, auf Hochufer über dem Bug, sehen wir süd­ lich im Dunst die Silhouette von Warschau, der geprüften Stadt des Ostens.

Nach Erledigung aufgelöste Rückfahrt. - Erst brennt mal mein Wagen, dann überholt mich die Brigade, von der Lt. Bamberg mir sagte, ich solle dort Adjutant werden. Ist aber nicht zu glauben, denn der junge Spritzer versucht, sich für Pflaumen zu revanchieren. Besuch beim Troß in Lipa. Die müssen in den Fahrzeugen schlafen. Häuser sind total verwanzt.

Am späten Abend Rückmeldung beim Kdr. Gespräch durch die Zelt­ wand. Bericht und dann Ausdrücke des Bedauerns, dass er uns ver­lassen soll. Üble Schiebung. Hptm. Schmedtper soll, um Major werden zu können, die Abteilung führen. Deshalb verlieren wir den besten aller Kommandeure.

Sadykierz, 30. September 1944

Schönwetter, frisch. Im Bunker Musik und Lektüre eines Kriminalromanes angenehmer Art. - Stellungswechsel liegt in der Luft.

Rohrbach kommt mit Schmedtper zum Abschied und zur Einführung. Der Abschied fällt mir sehr schwer, und ich kann nicht viel sagen. Was zu sagen war, sagte ich dem Major schon, gestern durch die Zeltwand und heute am Telefon. Sinn: Nichts gegen Schmedtper, aber alles für Rohrbach. Gäbe es wie einst in Germanien Führerwahl, es würde eine ganze Abteilung dem Major nachziehen.

Abends Skat und Ankündigung des Stellungswechsels. Dann wird die Nacht zum Teufel gehen, denn um 4 Uhr soll marschiert werden, im Abteilungsverband. 120 Schuss sind zu verladen, das alles braucht Zeit.

Wald bei Ghelchy, 1. Oktober 1944

Die Nacht ging wirklich zum Teufel. Der Abmarsch klappte ohne Zwischenfall bei mir. Unterziehen im alten Bereitstellungswald. Sonne, kalt, Ruhe. Technischer Dienst, Waffen reinigen und Schlaf.

Der meinige wird jedes Mal, wenn ich am Einschlafen bin, durch einen Melder gestört.

Besuch bei Schmedtper. Wir tasten uns ab, tauschen Erinnerungen an Krim und Kaukasus und quatschen harmloses Zeug.

Lt. Kiel voraus als Verbindungsoffizier zum Bahnhof Jastozombka für die Verladung, oh Schreck, natürlich wieder in der Nacht. - Lt. Seyboth voraus zur Bereitstellungserkundung.

Auf Achse, 2. Oktober 1944

22 Uhr Abmarsch, mondhell. Ohne Schwierigkeit um 0.15 Uhr vor dem Bahnhof. Lob durch Schmedtper für die Marschzucht. Doele kriegt einen Anschiss, weil durch eine Dusseligkeit seine Batterie gespalten wurde.

Beim Eintreffen freudige Überraschung: Die Spieße sind da mit Marketenderwaren. Michaelis ist aus diesem Anlass besoffen. Dennoch klappt Löhnung, die jetzt nur noch monatlich erfolgt, und die Ausgabe der guten Sachen wie Schnaps und Zigaretten. - Seyboth hat mir ein Hühnerbein und Bratkloß aufgehoben. Es schmeckt trotz Magendrücken.

Während des Marsches hat Regen eingesetzt. Alles ist rutschig, so geht die Verladung mit Hindernissen vor sich. Wir kommen erst um 4.30 Uhr dran, statt um 2 Uhr.

Seyboth scheint sich mit einer ganz hübschen Polin sympathisch zu sein, denn beim Abrücken steht sie sehnsuchtsvollen Auges unter der Tür, und er geht hinter mir als letzter aus der Tür, was sonst mein Reservat ist.

Im Zug ein paar Stunden Schlaf und dann ein Spielchen mit Seyboth und Strothchen (8.).

Witki Lempice, 3. Oktober 1944

Willenberg, Reidenburg, Milau, Zichenau, Ausräumen in Nasielsk. Regen. Kurzes Unterziehen, mit Chefs und Kdr. voraus. Jagende Regenfahrt. Wir überholen lange Kolonnen leichter und schwerer Artillerie.

Vorsprache beim Regiment, privater Unterziehraum erkundet und dann mit dem Häuptling allein in die Stellung, die ich vor einigen Tagen erkundete. Man sieht bei Vollmond sehr gut und ausreichend. Also ziehen wir sofort in Stellung.

So schlagen wir uns die dritte Nacht um die Ohren. Mitternacht Abmarsch. Der von Lt. Bändel als für seinen LKW geeignet erkundete Weg, ist es nicht. Also ist der Laden hoffnungslos verstopft von einer Reihe 4 1/2 tonniger LKWs, die einzeln von “Mulis” herausgezogen werden müssen, was Stunden dauert, einige Fahrzeuge von uns in den Graben zwingt und auch uns drei Stunden kostet. Ich sagte es immer, Bändel ist ein Rindvieh. Oh, die Personalpolitik!

Die Nacht geht rum mit Einrichten, Munition karren, Buddeln. Als Gefechtsstand finde ich einen über der Erde liegenden Beton-Gewölbekeller, geräumig, voll Gerumpel. Schließlich sieht er manierlich aus, und ich werde beneidet.

Tagsüber weiteres Munitionsgekarre. Schließlich habe ich 24-5 Schuss da liegen. So viel hatte ich noch nie. - Tagschlaf, der nicht erfrischt, aber doch tief und fest ist.

Abends Chefbesprechung. Feuerplan. Es wird angegriffen. Der Brückenkopf hier soll zerquetscht werden. 5 Divisionen stecken drin. Es greift eine Division an, eine zweite schirmt ab. Dazu Panzer, Panzer aller Art. P IV, Panther, Tiger, Königstiger, alles; Schwere Waffen von 21 cm, Mörser bis zur leichten Feldhaubitze in beachtlicher, nicht schätzbarer Menge. Und schließlich zwei Werferbrigaden mit 1100 Rohren, mindestens. (drei 30 cm-Abt., eine 21 cm-Abt., und drei 15 cm-Abt.) - Da wird was gefällig.

In der Nacht noch Umarbeitung des Feuerplanes für die Batterie. 6 Salven als erste Rate. Nun ein kleiner Nachtschlaf.

Pokrzywnica, 4. Oktober 1944

Ab Morgengrauen ein Feuerzauber, wie noch nicht gehabt. 1100 Werferrohre im Gleichschritt. Rundum, weit, nur feurige Bahnen. Heulen, Zischen, Brodeln, und dann ein fernes Aufblitzen und Rollen der Einschläge.

Wir schießen 6 Salven in 50 Minuten. Die Kanoniere arbeiten wie die Besessenen und sind stets nach 4 Minuten schon feuerbereit. Iwan ist wohl nicht überrascht, aber doch erschüttert, denn die Gegenwehr ist schwach.

Der Angriff läuft. Wie nicht anders zu erwarten, kommt auch bald der Befehl zu Stellungswechsel.

Ich soll erkunden. In Unkenntnis der Lage, aber im Vertrauen auf die Informationen erküre ich eine Stellung für die Abteilung, nachher akzeptiert sie der Hauptmann. Neuinformation bei Gr.Rgt. Verdammt, beinahe wären wir 400 m hinter der vordersten Linie in Stellung gegangen. Von neuem los. Bei der Ausfahrt aus Pokr. sage ich zum Kdr., hier links der Straße wären Stellungen. Er findet sie nicht gut, ich sage, wir würden nochmal herkommen.

Die uns empfohlene Höhe war ein Brett, voll eingesehen mit Pak-Beschuss. So zogen wir einen Kringel und kehrten tatsächlich zurück.

Stellung, buddeln. Bald schon die erste Salve. Ein Werfer auf dem Marsch ausgefallen. Die Brüder hatten nicht anständig gezurrt. So ging die Höhenrichtmaschine kaputt.

Regen, langsam, stetig, bis ins Mark gehend. Bespreche mit Doele die Nachtsicherung. Zwei MG, vier Doppelposten um beide Batterien. Dabei sehe ich, dass seine Stellung eingesehen ist. “Sie ist mir zugewiesen.” Na, wir kriegten’s hin. Zwei Werfer umgestellt, und sie war in Ordnung.

Kalter, feuchter Schlaf mit Störungsfeuer. - Tagesverbrauch: 242 Schuss.

5. Oktober 1944

Iwan hat sich gefangen. Er zeigt, was er kann, und schießt mit Macht und allen Kalibern und Arten in der Gegend herum.

Besuch auf Rißlands B-Stelle, ein palastartiges Haus im Park. Schneeweiß, hohe Räume, solide Einrichtung im altdeutschen Stil. Im Keller ein Album mit Soldaten, Offizieren, Schwestern aus dem Weltkrieg. Offenbar also deutscher Besitz gewesen.

Gerade habe ich die B-Stelle verlassen, als unsere Abteilung schießt. - Besuch bei Abteilung. Über die Lage weiß niemand etwas. Grothe ruft gerade an und will seinen ehemaligen Ia, Schmedtper, veräppeln. “Dafür waren Sie ja Ia, um sich überall herausreden zu können.”

Iwan schießt lästig in der Gegend herum. Mit schwerer Artillerie und Granatwerfern. Und die unvermeidliche Pak. - Wetter sehr trübe, daher, gottlob, keine Flieger.

Die Überraschung des Tages ist die Post und die Zeitungen. Wie lechzt man danach! Ein Fest! Dann gab’s noch Repräsentationsfond. Eine Pulle Kognak, Rotwein, Weißwein und eine Menge Zigaretten, die mir gestatten, wieder Schulden zu zahlen. Es beginnt somit wieder eine neue, wenn auch kurze, Rauchepoche. - Manchmal ärgert es mich richtig, wie dieses Laster Einfluss auf mich hat. Aber es ist doch schön. Verboten, wie das meiste Schöne.

Mein Gefechtsstand wird windig. Sandloch, 1,80 x 1,90 x 0,60, Zelt darüber. Bei den Abschüssen der eigenen Artillerie brechen die Wände herein.

6. Oktober 1944

5 Uhr brutales Wecken durch schwere Artillerieeinschläge, die den Gedanken auf russische Angriffsvorbereitung aufkommen lassen. Es rappelt ganz schön in der Gegend. Gerade, als das Essenfahrzeug kommt.

Im Laufe des Tages wiederholt sich das alle paar Stunden, sodass man sogar aufpassen muss. Dann klart es auf, und die Flieger kommen. Die russischen natürlich. Da geht’s rund. Uns aber tun sie diesmal nichts. Die Flak schießt ausgezeichnet, es kommt aber keiner runter.

Am Nachmittag kommt der Spieß, Papierkrieg muss auch sein. Schon bei Dunkelheit gehen wir in einen freigewordenen Bunker.

Ganz gut gelaunt, sehr gut. Aber Volltreffer? Dagegen ist überhaupt kein Kraut gewachsen.

7. Oktober 1944

Klarwetter, Sonne, Frontkämpferpäckchen. Aber Artillerieüberfälle, schwer, und Flieger, Flieger, dauernd. Sie sind schon unangenehm. Eben sind sie wieder da, eben wieder weg. Dafür Granateinschläge. Flak schießt gut. Einer brennt, Besatzung steigt aus, treibt aber nach Osten ab. Wir sitzen im Bunker und haben Angst. Das sagt man nicht, äußert aber kernige Worte.

Nun ist’s 16 Uhr, und die Brüder toben noch immer. Die Flak hat in unserer Gegend heut vier heruntergeholt.

Der Abend ist ganz ruhig. Bei der Essensausgabe schießt’s wie gewöhnlich. Ich bin immer heilfroh, wenn die Versorgungsfahrzeuge wieder weg sind.

Am Abend Versuch eines Skats. Da wird Seyboth als V.O. abgerufen. Dann kommt noch Munition für morgen.

8. Oktober 1944

Mittel- und Südteil des Brückenkopfes sind eingedrückt, wegen 200 Gefangene und 75 Panzer, 120 Geschütze usw. kostete es dem Russen.

Heute geht’s an den Nordteil. Wieder nach Feuerplan vier Salven im Morgennebel. Heftige Gegenwehr. Die Kanoniere arbeiten fieberhaft und schaffen die Feuerbereitschaft in drei Minuten, was eine hervorragende Zeit ist, wenn man bedenkt, dass in dieser Zeit von vier Mann sechs Wurfkörper zu 125 kg zu laden und zu laborieren sind. Der Tagesverschuss ist erheblich, ebenso die feindliche Flugtätigkeit. Mäßiger Rabbatz rundum. In der Stellung passiert gottlob nichts. - Die Munitionsfahrer aber werden auf dem Wege erwischt. Gefr. Schnepf schwer, Stabsgefr. Buri leicht verwundet. - An der Südostecke gewinnt der Angriff Boden. Ein Dorf und zwei Höhen werden genommen. Dann liegt er fest. Von Korden her ist Iwan so stark gesichert, dass der Angriff liegen bleibt. Trotz 25 Panzern, die vor einem tiefen Minenfeld stehen bleiben mussten.

Am Abend “private Chefbesprechung” beim Kdr. bei Hennessy, Rot- und Weißwein. Ganz gemütlich. Erzählungen, Plaudereien und Pflaumen, die ich austeilen muss, weil sich niemand mit Gehässigkeiten herauszutraut.

Im Verschuss haben wir heute die 1000er Grenze überschritten und 1123 erreicht.

9. Oktober 1944

Der Angriff scheint fürs Erste nun abgeblasen zu sein. Iwan wird mobil und schießt den ganzen Tag aus allen Knopflöchern. Massiv. Mit Stalin-Orgeln, schwerer Artillerie, leichter, Pak und den unvermeidlichen Granatwerfern und Fliegern, trotz trüben Wetters. Von eigener Luftwaffe ist nichts zu merken.

Nachmittag kommt Seyboth zurück und bekommt am Abend das EKII von Schmedtper angeheftet. - Kiel kommt morgen wieder zur I. Abteilung. Ich fahre auf Erkundung. Also Stellungswechsel in Aussicht. Nun sind wir schon 14 Tage am Narew.

10. Oktober 1944

Erkundung. Von jedem Regiment drei Offiziere, vorneweg der Brigadier. In Schwimmwagen alles, den beweglichsten Fahrzeugen. Makow (Makein), durch das wir fahren, war vor kurzem bombardiert worden. Sieht wüst aus. Sehr sinnvoll und anheimelnd “Hotel Mohrunger Hof”. “Aufgang zu den Fremdenzimmern”, alle Scheiben kaputt, kein Dach mehr. Das Städtchen sieht polnisch aus. Unschöne Bauweise. Sehr fein jedoch die Kirche. - Weiter nach Osten, Sammeln, Auftragserteilung und ab. Mit Hptm. Hirschmann in zwei Schwimmern in unseren Raum. - Hier wieder ein russischer Brückenkopf über den Narew, der bei Rozan. Auf der Rollbahn hinter dem Stellungsraum sind wir entzückt, viel Wald verheißt verdeckte Stellungen und Holz für die Bunker. Wir fahren hinein. Da, drei schwere Einschläge, 150 m halbrechts vor uns. Das kommt vor im Krieg, also weiter. Nochmal, nanu. Nochmal. Jetzt wurde es brenzlig. Aussteigen und deckungslos flach liegen, während das Vorbereitungsfeuer des eben, 10 Uhr, anlaufenden russischen Angriffs um uns tobt. Flucht in einen Graben. Es trommelt unablässig. Als wir in die Fahrzeuge einsteigen wollen, zwei schwere Einschläge, 5 m links, ein Splitter durch mein Armaturenbrett. Wagen springt nicht mehr an. Hirschmann mehr Glück, rollt eben ab. Wir zu Fuß hinterher, um Schlepphilfe zu holen. Mein Fahrer leicht verwundet, ich auch, an beiden Händen Kratzer. Sanmarsch, Waldmarsch, Grabenmarsch nach NW, ein RSO mit Verwundeten nimmt uns mit. Dann treffen wir, ich ziemlich erschöpft und gequält vom Gedanken, das Fahrzeug vielleicht doch zu früh verlassen zu haben, endlich ein Fahrzeug von uns. Hptm. Hirschmann holt selbst den Wagen, der nach Gewackel an den zerrissenen Kabeln auch anspringt. - Mit Hptm. Hirschmann nochmal in den Raum auf Erkundung. Rückfahrt über Nasielsk, dort Tetanusspritze, zum Rgt., dort verplastert und zur Abteilung und Batterie.

Wir könnten heute Geburtstag feiern, den der Neugeburt. Ein zweites Mal hat man nicht so ein Glück. Zwei 17,2 auf 5 m und nur Kratzer an den Händen.