
Josef und Sophia schliefen fest zwischen dem Ochsen und dem Esel und den anderen Tieren im Stall. Sophia wachte auf und setzte sich hin. Sie schaute sich um und staunte. Der ganze Raum war gepackt voll mit Tieren. Nur um sie herum war Platz. Sie stützte sich mit beiden Armen hinter ihrem Rücken ab und stupste Josef mit einem Knie sanft an. Der drehte sich und richtete sich auch auf. Sie schaute sich um, um ihm die Tiere anzudeuten. Er nickte und lächelte sie an: „Du siehst besser aus. Frischer ––– Aber was ist?“ Sophia: „Das Kind, es kommt.“ Josef: „Du hast keine Schmerzen?“ Sophia lächelte: „Nein. Keine.“ Dann legte sie sich auf den Rücken und atmete.
Plötzlich fühlte sich ihr ganzer Körper warm und frei an, sie entspannte ihren Bauch und schloss die Augen. Während der ganzen Geburt hatte Sophia keine Wehe. Josef nahm das Kind entgegen. Er nahm es auf seinen Arm und es machte einen kurzen glucksenden Ton. Dann öffnete es kurz die Augen, um sie gleich wieder zu schließen. Josef schaute das Kind an, er fühlte sich von ihm angezogen. Eine Wärmewolke durchwehte ihn. Er musste deswegen laut lachen. Sein ganzer Körper fühlte sich voller Lebenskraft an. Er schaute es wieder an und konnte nicht glauben, wie anders sich das Leben mit ihm anfühlte. Er gab es Sophia auf den Bauch. Sie nahm es vorsichtig in ihre Hände. Und lachte auch. Das Kind verzog keine Miene. Sie legte es an ihre Brust: „Na? Willst du trinken?“ Das Kind machte einige Saugbewegungen an Sophias Brust, ließ es aber nach kurzer Zeit wieder. Sophias Körper war am Tag davor zu kalt geworden. Es kam keine Milch. Sie probierte wieder, das Kind anzulegen … und wieder, aber es half nicht. Nach einiger Zeit sagte sie zu Josef, dass er zum Wirt gehen sollte und um ein klein wenig Milch fragen.
Josef klopfte an die Tür des Haupthauses. Der Wirt erschien nach einiger Zeit in seinem Schlafrock. Seine Augen waren fast geschlossen: „Was gibt’s jetzt noch?“ Josef: „Es war wunderbar von dir, wie du uns vorhin aus dieser schlimmen Lage befreit hast.“ Wirt: „Was willst du? Es ist mitten in der Nacht.“ Josef: „Meine Frau, Maria, hat eben ein Kind auf die Welt gebracht. Sie ist gestern zu kalt geworden. Die Milch kommt nicht. Hast du ein wenig Milch für uns?“ Wirt ärgerlich: „Es ist mitten in der Nacht. Ich habe keine Milch für dich. Ihr hättet das wirklich besser planen müssen.“ Der Wirt versuchte die Tür zu schließen, aber Josef hielt sie auf. Der Wirt schaute ihn böse an: „Verschwinde jetzt! Ich kann euch auch wieder aus dem Stall herauswerfen.“ Josef erschrak und zog seine Hand zurück. Der Wirt schloss die Tür.
Zurück bei Sophia wollte er gerade sagen, dass er nichts bekommen hatte, da sah er das Kind. Es zitterte am ganzen Körper. Sophia versuchte es zu wärmen, aber ihr eigener Körper war immer noch zu kalt. Josef knöpfte sein Hemd auf, und in dem Augenblick öffnete sich das Stalltor und Gallums Kopf erschien. Josef und Sophia richteten sich auf und schauten ihn an. Gallum schaute sie an und die ganzen Tiere, drehte sich um und sagte stammelnd zu den beiden anderen, die hinter ihm waren: „Sie sind hier!“ Dann kam er vorsichtig herein.
Josef und Sophia staunten ihn an, als er unter seinem Hemd ein wunderschönes Schaffell hervorzog und es beiden entgegen hielt. Dabei neigte er seinen Kopf. Josef nahm es und Gallum fiel auf die Knie, Tränen liefen ihm die Backen herunter, er faltete seine Hände und sagte in Richtung Kind: „Mein Herr! Retter von Israel, unser aller Messiaskind, ich bringe dir hier eine kleine Gabe. Bitte nimm sie von deinem Diener.“ Sophia staunte ihn mit offenem Mund an. Gallum schaute sie an. Er staunte selbst über das, was er gerade gesagt hatte.
Josef umhüllte das Kind mit dem warmen, weichen Schaffell. Es hörte auf zu zittern und lächelte kurz, fast unsichtbar. Sophia war immer noch überwältigt davon, wie Gallum gesprochen hatte, und dass er ein warmes Fell dabei hatte und dass er überhaupt hier war. Gallum legte seine Stirn auf den Boden, er fühlte eine warme Wolke durch seinen Körper ziehen und lachte innerlich laut auf.
Amon kam auf Knien neben ihn und drückte ihn zur Seite. Er hielt Sophia den Milchkrug entgegen. „Mutter unseres Messias, der die Welt heilen wird und König von Israel für alle Zeiten, bitte nimm dieses Geschenk von dem Diener deines Sohnes.“
Sie nahm den Krug, immer noch staunend, tauchte einen Finger hinein und gab ihn dem Kind in den Mund. Es verlangte nach mehr und vorsichtig hielt sie ihm den Krug an den Mund. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie nickte kurz dankend Richtung Amon. Amon fischte nach einem Strohhalm auf dem Boden, kürzte ihn und steckte ihn in den Krug und den Mund des Kindes, das sofort anfing, daran zu saugen. Dann legte er seine Stirn auch auf den Boden. Josef legte beiden eine Hand auf den Kopf und sagte: „Kommt hoch, Freunde! Setzt euch zu uns. Lasst uns zusammen beten.“ Nahor kam dazu und hielt Josef das Geld hin: „Das werdet ihr brauchen. Nimm es.“ Josef legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Danke, Bruder, es kommt gerade im rechten Augenblick. Ich habe heute Morgen mein letztes Geld in einer Herberge ausgegeben.“ Sie saßen im Kreis um Sophia und das Kind. Hielten ihre Hände und fingen an zu beten.
Drei große Engel betraten den Raum und es wurde hell. Sie stellten sich um den Kreis und falteten ihre Hände. Sie hatten gut Platz, obwohl es gepackt voll war und die Tiere nicht wegrückten. Sophia schaute auf, sah die Engel und dachte: „Michael ––– Gabriel ––– Rafael“. Dann schaute sie auf das Kind, das zu lächeln schien. Es wurde hell im Raum. Sophia drückte das Kind an ihr Herz und ihr wurde warm, sie sah die drei Hirten und Josef, die um sie herum saßen und mit geschlossenen Augen beteten. Und hinter ihnen Michael, Gabriel und Rafael, die Tiere und unzählige weitere Engel, die sie nicht kannte. Sie schloss ihre Augen und sagte: „Danke dir.“