Zurück in Nazareth

Michael Schmidt

Kapitel 28

Simeon saß im Schneidersitz auf einem Hügel und blickte hinunter auf einen See. Er trug ein weißes Leinenkleid und war tief in Meditation versunken. Sein Gesicht strahlte eine unendliche Ruhe aus.

Die drei Hirten trafen an dem Ort ein, wo sie ihre Herde zurückgelassen hatten, und die zwei Hunde sprangen ihnen freudig entgegen. Einer sprang an Amon hoch und leckte sein Gesicht. Amon machte einen Schritt rückwärts und sagte mit bestimmtem Ton: „Nein! Zurück an deinen Platz.“ Der Hund drückte sich auf den Boden und schaute ihn an. „Gut“, rief Amon und rief „Komm!“ Er deutete ihm an, ihn wieder anzuspringen. Der Hund kam sofort wieder hoch und leckte wieder sein Gesicht. Sie spielten miteinander. Die Herde war noch vollständig, alle Vorräte noch da. „Meinst du, dass wir sie behalten dürfen?“, fragte Amon Nahor, während er den Hund umarmte.

Nahor schaute ihn grinsend an: „Meinst du, du könntest ihn noch einmal loswerden, selbst wenn du wolltest?“ Der Hund bellte laut, und beide lachten.

Einige Wochen später trafen Sophia, Joseph und das Kind in Nazareth ein. Ihnen folgte eine große Gruppe von Menschen mit Ponys, Eseln, Wägen und vielen Dingen im Gepäck. Die Stadt wirkte verschlafen, aber als die Menge ins Dorf strömte, kamen viele heraus und staunten. Was war hier los? Warum so viele Menschen? Der Priester ging ihnen entgegen und erschrak! Hinter ihm lief eine Traube von Menschen, die anhielt, als er anhielt, und entsetzt auf Sophia und das Kind schaute: „Sophia! Ist das dein Kind?“ Sophia stieg ab und ging mit dem Kind auf ihn zu. Seine Lippen zitterten: „Halt! Ich darf mich dir nicht nähern.“ Sophia lächelte ihn an: „Mein Name ist Maria. Und du hast Recht, du darfst dich mir nicht nähern. Aber ich darf mich dir nähern.“ Sie blieb vor ihm stehen, lächelte ihn warm an und zeigte ihm das Kind. Er schaute sie furchtvoll an, dann das Kind, das ihm alle Glieder durchstrahlte, nur dadurch, dass es da war. Er war verwirrt. Er fühlte sich auf einmal frei und leicht. Er fragte sich, was hier geschah, und Sophia antwortete ihm: „Hier ist dein Herr. Er ist angekommen.“ Der Priester war überwältigt und sank in die Knie. Er stammelte leise: „Du bist mein Herr.“ Dann legte er seine Stirn auf den Boden, und Tränen tropften von seinem Gesicht in den Sand. Sophia legte ihm eine Hand auf die Schulter und sagte leise: „Er sagt mir gerade, dass du auf deinem Altar feierlich ein Lamm schlachten sollst.“ Dann zog die Gruppe weiter.

Maria war auch aus dem Haus gekommen und rief nach Anna. Sie sah die Menge und wusste nicht, wer das war und woher sie kamen. Dann sah sie den Esel mit Sophia und dem Kind. Ihr Herz begann zu schlagen wie eine Schiffstrommel. Sie rannte los, zwischen den Menschen hindurch, bis sie vor dem Esel stand und ihren Mund weit öffnete. Sie wollte etwas sagen, aber es kam nichts heraus. Sophia stieg vom Esel ab und ging zu ihr. Ohne etwas zu sagen, gab sie ihr das Kind auf den Arm. Maria nahm es, drückte es sanft an ihr Herz und schloss die Augen. Sie sah die ganze Engelschar, die die Hirten zum Stall geführt hatte, über ihr erscheinen. Ihre Brust schwellte an, sie konnte die Energie fast nicht halten und sagte irgendwann: „Ja, das werde ich tun. Dafür werde ich mein Leben geben.“ Sie gab Sophia das Kind zurück und ging auf die Knie. Sophia folgte ihr und legte ihre Stirn sanft an die von Maria. So knieten sie eine Weile zusammen. Ihre Mutter stand hinter ihnen und schaute mit weinenden Augen zu.

Auf dem Hügel lag der Körper von Simeon auf dem Rücken und schaute mit leeren Augen, aber immer noch mit tiefer Zufriedenheit, in den Himmel.

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